Cultures and Disasters II (SD 640)
Theorien und Praktiken der Katastrophenvorsorge, der Katastrophenhilfe und auch der Katastrophenpolitik treffen in der Realität immer wieder auf Situationen und Handlungsweisen, die im (scheinbaren) Widersinn zu den intendierten Zielen des Katastrophenmanagements stehen:
Warum kehren Flut- oder Erdbebenbetroffene früh in Gefahrengebiete zurück oder weigern sich, trotz “offensichtlicher” Gefahr für Leib und Leben ihre Häuser zu evakuieren? Warum “funktionieren” internationale Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge vor Ort nicht oder stoßen auf Unverständnis oder gar Ablehnung bei den Betroffenen? Warum wird beispielsweise die internationale Intervention und Katastrophenhilfe zur Erdbebenkatastrophe von Haiti inzwischen als “tödliche Hilfe” kritisiert?
Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob die Hilfe oder Prävention vor Ort stattfindet, z.B. bei den Flutopfern der diesjährigen Flutkatastrophe – oder bei Überflutungen im “fernen” Mosambik. Bruchstellen solcher Art zu verstehen – ohne die ihnen zugrundeliegenden Handlungsweisen als irrational oder gar fatalistisch abzutun – kann nur gelingen, wenn man beachtet, dass risikobezogene Handlungen von Gesellschaften immer in Kultur(en) eingebettet sind. Die Erfahrungen des internationalen Katastrophenmanagements forderten den Sinneswandel, künftig verstärkt kulturelle Aspekte in den Fokus zu rücken, heraus: trotz größter (oftmals technokratischer) Anstrengungen hinterlassen die Katastrophenvorbeugung und -reaktion der letzten Dekaden ein kritisches Bild.
Aber welche Rolle spielt “Kultur” im Zusammenhang mit Katastrophen bzw. mit Disaster Risk Management und Disaster Risk Reduktion (DRM/DRR) genau? Forschung zu DRM und DRR zielt darauf ab, Vulnerabilitäten (gesellschaftliche Anfälligkeiten für Katastrophen) zu erklären, indem sie die komplexen Verbindungen zwischen Umwelt, Gefahren und menschlichen Handlungsweisen offenzulegen sucht. Daraus sollen schließlich Handlungsempfehlungen für Vorsorge und Intervention abgeleitet werden. Wichtig dabei: es sind meist nicht die (natürlichen) Katastrophenereignisse, sondern es ist der “Unsicherheitsfaktor” Mensch, den es zu verstehen gilt.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die verstärkte und bewusste Hinwendung zum Sozialen und somit dem kulturellen Eingebettetsein von Risiko entscheidend. Der Fokus von Forschung, Vorbeugung, Intervention und Nachsorge muss zunehmend auf menschliche Wahrnehmungen, Interpretationen, Erfahrungen und Kreativität gelegt werden. Kurz gesagt, den Verbindungen zwischen Katastrophe(n) und Kultur(en) werden nun als wichtige Elemente der sozialen Dynamik im Zusammenhang mit allen Phasen des Katastrophenmanagements (welche im umgekehrten Sinne selbst Produkte von sozialen Praktiken und kulturellen Rahmungen sind) höchste Bedeutsamkeit zugemessen. “Kultur” ist jedoch nicht unstrittig, denn sie ist nicht als ein fixes Set sozialer Faktoren zu betrachten, sondern als konstant veränderliche und bewegliche Konfiguration von Akteuren, sozialen Praktiken und Arrangements. Kulturen sind lebendig und gelebt im selben Augenblick – Kultur ist “chaotisch” und trägt somit zum Chaos von Katastrophen und DRR bei.
Bisher wird den Praktiken des Katastrophenmanagements von Seiten der Forschung (aber auch in Selbstkritik der Hilfsorganisationen) ein bemerkenswerter Mangel “kulturellen Bewusstseins” in der Gestaltung von DRR-Strategien und -Politiken attestiert.
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